Wie du die Zeit mit all den Süßigkeiten handeln kannst – und wie du generell deine Kinder bei diesem Thema begleiten kannst
Die Frage, ob Kindern nun Grenzen zu setzen sind, was Süßigkeitskonsum angeht oder nicht, wird oft und sehr emotional diskutiert. Dabei darf die Antwort von Familie zu Familie verschieden sein. Und auch innerhalb der Familie können Eltern mehrerer Kinder beobachten, dass jedes Kind ganz anders mit diesem Thema umgeht. Das bedeutet auch, je nach eigenen Vorstellungen und Werten (die natürlicherweise in der Familie gelebt werden), braucht jedes Kind eine andere Unterstützung.
Grenzen setzen beim Essen?
Natürliche, unverarbeitete Lebensmittel bedürfen sicherlich weniger Grenzen als verarbeitete Lebensmittel, die eventuell viel Geschmacksverstärker, künstliche Aromen, Zucker und Fette enthalten. Denn evolutionär bedingt kennt unser Körper die hohe Energiedichte bei gleichzeitig geringer Nährstoffdichte nicht. Ich erinnere mich an eine Szene in dem Film „Over The Hedge“ als die Tiere eine Packung Nachos finden und die Mama zu ihrem Kind sagt: „And remember: Something that tastet that good, musst be good for you!“ – Etwas, das so gut schmeckt, muss gut für dich sein. Denn so war das einst: Vorsicht bei bitteren Geschmäckern – grünes Licht bei Süßem. Mit dieser Gleichung kommen wir nicht mehr weiter, aber unsere Geschmacksnerven sind darauf eben noch eingestellt und daher kann es durchaus sinnvoll sein, Süßigkeiten zu begrenzen.
Dabei geht jedes Kind ganz anders mit dem Angebot an Süßem um. Einige Kinder können bei ihrer liebsten Süßigkeit gut spüren, wenn sie genug haben. Sie hören dann auf zu essen, wollen es gar nicht mehr oder erst später weiter essen.
Andere Kinder haben dieses intuitive Gefühl der Rückkopplung (Danke, es reicht jetzt) verloren. Sie essen weitere obwohl sie satt oder überzuckert sind. Dann kann es sinnvoll sein, wenn du liebevoll Grenzen setzt. Es ist vollkommen okay, dass dein Kind mehr naschen mag, als es gut für sie/ihn ist. Es ist auch vollkommen okay, dass du das liebevoll begrenzt. Also nicht: „Nein, gibt es nicht!“ sondern eher „Ich kann gut verstehen, dass du noch mehr davon möchtest. Aber für heute/jetzt ist es genug.“ Und vielleicht gefolgt von einem: „Ich verstehe, dass du jetzt frustrierst/traurig bist“ (Du möchtest mehr zum Thema bindungsstark Grenzen setzen lesen? Schreib mir gern in die Kommentare!)
Die pädagogische Seite: Mehr Verbote, mehr Verlangen?
Wenn es um das Thema Süßigkeiten begrenzen oder nicht geht, scheiden sich die Geister. Die einen Eltern sind strikt dagegen, dass ihr Kind Zucker oder anderen Naschkram zu sich nimmt und setzen klare Grenzen. Für andere ist das undenkbar. Sie wittern die Gefahr, dass ein Kind, das solchen Verbote erlebt, umso mehr Lust auf Naschkram entwickelt und sch kaum mehr bremsen kann, wenn es dann mal die Gelegenheit dazu hat.
Aber was stimmt jetzt? Und was passt für dich?
Das Wichtigste wiederhole ich noch einmal: Es ist vollkommen okay und selbstverständlich, dass ihr in eurer Familie entscheidet, welche Haltung ihr zum Naschen habt oder einnehmen wollt. (Und das mit einer Einschränkung: Solange es dem Kind dabei gut geht. Ich habe leider schon Kindergartenkinder gesehen, die mit 3-4 Jahren keine Zähne mehr hatten, weil sie so viel Zucker zu sich nahmen. Das ist dann mehr als eine persönliche Haltung, da das Kind sowohl durch Zahnverlust als auch ein hohes Übergewicht Probleme hat/bekommt). Aber jenseits davon: Ob es bei euch immer ein Angebot an Süßigkeiten gibt, ihr dieses bewusst begrenzt oder euch für ein Zuckerfreies Leben entscheidet – das ist selbstverständlich ganz allein eure Entscheidung und darf so für sich stehen.
Und entsprechend setzt ihr Grenzen oder eben nicht. Ihr macht eure Erfahrungen und wenn ihr mehrere Kinder habt, merkt ihr vielleicht, dass dieselben Regeln bei verschiedenen Kindern ganz andere Auswirkungen haben können. Was für das eine Kind super funktioniert, kann beim Geschwisterkind gar nicht klappen und bedarf einer Anpassung. Oder vielleicht sogar beim selben Kind zu einer anderen Zeit: Was einmal gut funktioniert hat, klappt nicht zwangsläufig immer gut. Daher gilt auch: Was bei dir und deinem Kind gut funktioniert, ist wunderbar: Für euch! – aber es hat keine Allgemeingültigkeit. Denn jedes Kind und jede Familie, jede Situation ist anders.
Machen Verbote gierige Kinder?
Ich habe schon oft gelesen, dass ausgerechnet, das Kind, dass zu Hause nie Zucker essen darf auf dem Kindergeburtstag gar nicht aufhören kann, all das zu essen, während all jene Kinder, die auch zu Hause Naschen können, gut aufhören können.
Den dahinterstehenden Gedanken, dass Verbote Lust auf das Verbotene machen, dass das umso gieriger verschlungen wird, wenn sich einmal die Gelegenheit bietet, kenne ich durchaus als Fallstrick auf dem Weg zum intuitiven Wohlfühlessen. Ja, das kann tatsächlich passieren. Es kann sein, dass du dir etwas verbietest, du bist tagelang super diszipliniert und plötzlich isst du eine ganze Tafel Schokolade auf einmal. Und ja, es kann dann helfen, dir Schokolade zu erlauben, sie achtsam zu essen und zu geniessen, um diesen Kreislauf zu durchbrechen.
Aber, ganz so einfach ist es nicht. Denn es gibt auch bei uns Erwachsene eine liebevolle Disziplin uns selbst gegenüber – bei der wir uns auch nicht ständig Naschzeugs erlauben, aber aus einer liebevollen Intention hinaus. Und es gibt ständige Erlaubnis zu Naschen, die aber wenig liebevoll, sondern vielleicht ein Akt der Selbstsabotage ist. Daher: Auch bei Kindern dürfen wir genauer hinschauen.
Gewiss kann ein striktes Verbot das Verlangen so stark machen, dass bei entsprechender Gelegenheit ein Überessen stattfindet. Aber genauso gut kann ein Kind so an regelmäßiges Naschen gewöhnt sein, dass Überessen sowieso und ständig stattfindet. Kindliche Geschmacksnerven prägen sich ja auch in den frühen Lebensjahren.
Es macht einen Unterschied, ob Kinder Tee immer gesüßt bekommen, ob sie als Snack Apfel oder Chips bekommen – und es ist viel einfacher, ein Kind mit ausgewogener Ernährung aufwachsen zu lassen, als einem Kind später abzugewöhnen, zu ungesund zu essen.
Mein Tipp
ist also weder für den freien Zugang zu Süßigkeiten noch dagegen, sondern dafür, dass du dein Kind bzw. deine Kinder gut beobachtest. Wie gehen sie mit Süßigkeiten um?
- Kann dein Kind Süßigkeiten genießen? Oder isst es viel und schnell auf einmal?
- Kann dein Kind aufhören, sie zu essen, wenn es genug hat?
- Isst dein Kind aus Hunger oder aus anderen Gründen? Welche Gründe sind das? (Langeweile, Frustration, Nervosität, Angst, Gruppensituationen usw.)
Wenn du merkst, dass dein Kind aus emotionalen Gründen isst, dann ist es wichtig, dass du dort liebevoll hinschaust und das dahinterstehende, unerfüllte Bedürfnis findest. Wenn du verstehst, warum dein Kind isst, kannst du das Essverhalten wie jedes andere Verhalten auch als Schlüssel nehmen, um dein Kind besser zu verstehen und zu begleiten. Denn auch für Kinder gilt:
Bild aus meinem Workshop „Vom Stress- zum Wohlfühlessen“
Wenn du merkst, dass dein Kind gut mit dem ständigen Angebot von Süßigkeiten umgehen kann, es das Angebot zwar annimmt, aber alles in einem für dich stimmigen Rahmen bleibt, brauchst du dich vermutlich im Moment nicht mit dem Thema zu stressen.
Aber wenn du den Eindruck hast, dein Kind isst deutlich zu viel Süßes und es geht ihr/ihm damit nicht gut, darfst du hier liebevoll Grenzen setzen.
Schau einmal, ob du erkennen kannst, welches Bedürfnis dahinter steht oder welche Emotion und wie du dein Kind unterstützen kannst, das wahre Bedürfnisse zu stillen und das Gefühl zu fühlen, das er/sie hat.
Wenn Essverhalten als Kompensation genutzt wird (für Frust, Langeweile, Gefühle), ist es gut, wenn du dein Kind verstehen lernst, und sie/ihn ggf. und je nach Alter darin begleitest, einen anderen, konstruktiveren Umgang zu finden und zu erlernen.
Wenn Verbote ein Thema bei euch sind, kann es – so wie du es auch für dich beim intuitiven Essen machen kannst – gut sein, wenn du sehr begehrte Lebensmittel regulär in euren Speiseplan integrierst, so dass diese nicht gierig aus Verzichthunger gegessen werden, sondern dass ihr sie vielleicht gemeinsam essen und genießen könnt.
Und wenn du magst, reflektiere einmal, welche Rolle das Essen bei euch generell spielt. Denn die meisten von uns sind so geprägt, das Essen auch etwas Tröstliches und Beruhigendes für uns hat. Das kann aber eine Prägung sein, die uns in unserem Leben nicht gut tut und die wir vielleicht nicht so an unsere Kinder weitergeben möchten.
Wenn dein Kind einen schweren Tag hatte und du das Bedürfnis hast, deinem Kind dafür eine Tafel Schokolade zu geben, dann kann es sein, dass dein Kind lernt, dass Emotionen mit Essen kompensiert werden sollten. Dabei geht es vielmehr darum unsere Gefühle wahr – und anzunehmen und sie in einen (angemessenen) Ausdruck zu bringen. Essen von ungesunden Lebensmitteln hilft auf diesem Weg nicht wirklich weiter. Im Gegenteil, es kann oft zu einem ungesunden Essverhalten, Übergewicht und einem langen Thema mit Essen führen.
Und wenn Gegensätze in der Einstellung aufeinander treffen?
Es ist okay, dass du Dinge anders bewertest und machst als deine Bekannte, Freund*innen und Nachbar*innen. Und das gilt natürlich auch umgekehrt. Manchmal allerdings, wenn wir mit diesen verschiedenen Einstellungen in Kitas und Schulen oder auf Familienfeiern aufeinandertreffen, kann das natürlich schwierig werden.
Manchmal haben wir gar keine so deutliche Meinung zu den Themen, in diesem Fall ist das Thema für dich und dein Kind momentan gar nicht so relevant und du kannst dich vermutlich entspannt zurücklehnen und genießen, dass du hier derzeit kein Thema hast.
Wenn dir das Thema sehr wichtig ist, dann lohnt es sich vermutlich eine Einrichtung zu finden, die deinen Wertvorstellungen entspricht und diese auch von den anderen Eltern einfordert.
Gewohnheiten, die Kindern dienen, lassen sich zu Beginn leicht schaffen
Ich persönlich sehe übrigens keine Notwendigkeit für Süßigkeiten im Kindergarten – Alltag oder in den Brotboxen der Kinder. Auch süße Getränke gehören für mich nicht in Einrichtungen, es sei denn als sehr besondere Ausnahme zum Laterne- Laufen oder zur Weihnachtsfeier.
Kinder sind in sehr prägenden Lebensphase und es ist einfach, sie an Wasser zu gewöhnen, also so, dass sie Wasser richtig gerne mögen. Dass sie nicht das Gefühl haben, dass sie verzichten, wenn sie Wasser trinken. sondern dass sie dies ganz selbstverständlich tun.
Wenn schon Kindergarten Kinder mit Limonaden, süßen Säften oder sogar Cola (die mit ihrem Koffein-Gehalt weder in Kindergärten noch Grundschulen gehört) groß werden, gewöhnen sich ihre Geschmacksnerven sogar beim Trinken an „süß“. Mit den negativen Folgen, die das leider mit sich bringt.
Wasser wird dann nicht mehr gemocht und abgelehnt. Aber wir alle brauchen frisches Wasser, um uns gut zu versorgen. Daher lohnt es sich, das Wasser (oder ungesüßte Tees) Trinken zu etablieren.
Fazit und Zusammenfassung:
Wenn du das Essverhalten deines Kindes wie jedes andere Verhalten auch, lesen lernst, kannst du dein Kind bindungsstark begleiten und ihn/sie darin unterstützen, sich gesunde und konstruktive Gewohnheiten anzueignen.
So kann auch eine Herausforderung für Nähe und eine tiefere, liebevollere Beziehung sorgen.
Kurz zusammengefasst:
- jedes Kind, jede Familie ist anders und braucht ihre eigene Lösung
- Essverhalten ist wie jedes andere Verhalten deines Kindes ein Weg, um dein Kind besser zu verstehen
- bei Geschwisterkindern: Was für das eine gut klappt, kann beim anderen nicht funktionieren – so dass es sich lohnt immer wieder hinzuschauen und ggf, etwas so zu verändern, dass es allen damit gut geht
- Ist dir das Thema sehr wichtig? Suche Erziehungspartnerschaften, die zu deinen Werten passen
- Süße Getränke haben es in sich. Kinder trinken in aller Regel gerne Wasser, wenn sie daran gewöhnt sind. Wenn der Geschmack auf süß gepolt ist, dann ist die Umgewöhnung entsprechend schwerer.
Du möchtest mit mir arbeiten? Ich begleite dich als Frau – mit – Familie dabei deine Kinder bindungsstark zu begleiten UND deine Ressourcen zu stärken. Klicke hier für „Vom Alltagsfrust zur Lebenslust“ Programm! Ich freu mich auf dich!
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